Ein Hausmeister führt uns stolz durch „seine Anlage“- die Wärmeverteilung einer Schule. Er habe alles im Griff, sagt er, auch im kältesten Winter. Temperaturbegrenzer habe er deaktiviert und die Steuerung funktioniere ja doch nicht - „alles Quatsch mit der Elektronik“. Jetzt sei es überall ordentlich warm, die Nutzer des Gebäudes zufrieden. Gerade die Corona-Lüfterei erfordere ja viel Wärme, ständig sei es irgendwo zu kalt.
Sein Resümee: viel hilft viel und manuell steuern ist zuverlässig.
Mein Resümee: vermutlich 20-40% Mehrverbrauch an Wärme und Pumpstrom, große Einsparpotentiale, die leicht zu heben wären.
Diese Beobachtung ist kein Einzelfall. In vielen Kellern öffentlicher Gebäude herrscht eine ähnliche Vorstellung. Das Thema Energie ist ein Randthema, die HausmeisterInnen sind mit vielfältigen Aufgaben ausgelastet, die Ausbildung für oft komplexe Regelungssysteme fehlt, wenn solche Systeme überhaupt vorhanden sind.
Auch die Organisationen in solchen Objekten sind selten geeignet, dem Thema das angemessene Gewicht zu geben. In einem Rathaus sind BürgermeisterInnen und Verwaltungsangestellte die Gebäudenutzer, in einer Schule Lehrkräfte und SchulleiterInnen. Sie alle haben das Thema Gebäudebewirtschaftung nicht primär im Fokus - zu gravierend ist der Handlungsbedarf in ihren Kernkompetenzfeldern. Gleichwohl sind sie aber in der Regel Dienstvorgesetzte des Hausmeisters. Im Vorbeigehen höre ich den Kommentar des Hausherrn: „Sehen Sie zu, dass das hier ordentlich läuft“ – welche(r) HausmeisterIn wird gegen einen solchen Arbeitsauftrag mit Energiesparen oder einem Optimierungsvorschlag aufwarten? Aufgrund der zudem sehr komplexen Abrechnungsstrukturen wird die drastische Energiekostensteigerung des Jahres 2022 erst in ein bis zwei Jahren in die Köpfe der Verantwortlichen vordringen. Dann ist es aber für die aktuell nötige Energieeinsparung schon zu spät.
Wie kann dennoch ein Fortschritt in den für uns alle so wichtigen Themenfeldern erreicht werden? Wir alle sitzen in einem Boot und sind zur Mithilfe und Aufmerksamkeit aufgerufen. Auch am Arbeitsplatz gelten die gleichen Regeln wie zu Hause: Stoßlüften statt Kipplüftung, Temperatur so niedrig wie möglich - soweit man Einfluss darauf hat. Ein Hausmeister, der in der Kaffeeküche für seine Arbeit Wertschätzung erfährt und vielleicht die Frage hört „Wie können wir dir noch helfen, weniger Energie zu verbrauchen“ ist sicher viel eher bereit, sich für mehr Effizienz einzusetzen, als wenn er ständig nur von Ansprüchen getrieben wird. Er ist jedenfalls oftmals der Einzige, der das nötige Fachwissen in den Organisationen mitbringt, wenngleich moderne Regelungssysteme auch zusätzliche Qualifizierung erfordern.
Natürlich, alles ist immer irgendwie wichtiger als das Thema Energie. Sie ist immer da und wird uns doch wohl auch jetzt nicht verlassen? Das Tagesgeschäft setzt seine eigenen Prioritäten. Klar, das bei dieser Rangliste die Fortschritte hin zu einer spürbaren Verbrauchsabsenkung übersichtlich bleiben. Aber: Jeder Beitrag zählt und so ist es vielleicht doch eine gute Idee, dass Thema zur Chefsache zu erklären und die Organisation auf einen gemeinsamen Kurs einzuschwören. Dann kann auch ein Hausmeister die Anerkennung erfahren, die ihm als Helfer für alle Fragen gebührt. Er kann sich die nötige Unterstützung holen und - wenn man die Einsparerfolge dann noch mit Anreizen oder Prämien versieht, kann sich die Stimmung sehr schnell positiv verändern.
80 Millionen einzelne Entscheider: die Hälfte des gesamten Endenergieverbrauches verantworten wir alle mit unseren täglichen Entscheidungen. (Individualverkehr, Raumheizung und Strom: nur der private Anteil)
Auch die Vorbildfunktion öffentlicher Gebäude ist nicht zu unterschätzen. Oft höre ich in Gesprächen Sätze wie „warum soll ich mich zuhause mit meinem eigenen Geld für Energieeinsparung einsetzen, wenn das Thema auf der Arbeit sowieso niemanden interessiert?“ Verstehen kann ich diesen Gedankengang. Erst wenn es uns gelingt, Energie als das wahrzunehmen, was es ist, nämlich ein kostbarer und begrenzter Rohstoff, wird sich ein angemessenerer Umgang damit durchsetzen können.
Nach einem gemeinsamen Gespräch in der Organisation kann jeder sofort anfangen - es braucht Beide: NutzerIn und technisch Verantwortliche, um schnelle Fortschritte zu erzielen. Kleine Checklisten können für jeden Arbeitsplatz die Sensibilität für das Thema Energie erhöhen - im Winter insbesondere für die Wärmeverluste. Beispiele sind hier weit geöffnete Fenster in Fluren und Sanitärräumen bei zugleich voll aufgedrehter Heizung, oder undichte Fenster und fehlende Regelventile an Heizkörpern. Ein fehlender Thermostatkopf am Heizkörper entspricht der Stellung 5, also voll geöffnet – hier sollte also sofort der Mangel gemeldet werden. Die Raumtemperatur in ungenutzten Räumen abzusenken und auch insgesamt zu reduzieren, gehört zu den wirkungsvollsten Sofortmaßnahmen. In der Technik geht es zunächst um die Bestandsaufnahme; welche Technik ist vorhandenen? Ist sie in Betrieb? Gibt es Bedienungsanleitungen oder Dokumentationen zu komplexeren Regelsystemen? Wer kann sie bedienen oder wer kann helfen, sie wieder in Betrieb zu nehmen? Wie hoch sind die Temperaturen in den Rohrleitungen und ist das Temperaturniveau überhaupt erforderlich? Tiefergehende Expertenanalysen können klären, ob die Instandsetzung vorhandener oder Ergänzung neuer Regeltechnik sinnvoll ist.
Aber Achtung: die wirtschaftlichen Rahmenparameter haben sich grundlegend geändert. Über viele Jahre hat sich in manchem Hinterkopf eines Verantwortlichen ein „das rechnet sich nicht“ hartnäckig festgesetzt. Energie-Preissteigerungen von 100% und mehr wirken da wie ein Gamechanger. Es ist zu erwarten, das viele Optimierungsmaßnahmen nun nicht nur gesellschaftlich geboten, sondern auch wirtschaftlich hochattraktiv geworden sind.
Ein moderierter „Energiesnack“ kann in lockerer Atmosphäre für das Thema sensibilisieren und die MitarbeiterInnen motivieren, ihre eigene Aufmerksamkeit einzubringen. Gerne entwickele ich mit Ihnen ein für Ihre Organisation passendes Format.
Bei Fragen und Anregungen melden Sie sich gerne bei mir.